Im Höhepunkt der Corona-Pandemie erreichte die Nachfrage nach persönlicher Schutzausrüstung gigantische Ausmaße, darunter auch Handschuhe. Eine CNN-Ermittlung enthüllte nun: Millionen gebrauchte Nitril-Handschuhe wurden in die USA und weitere Länder exportiert.
Zig Millionen gebrauchte und mit Blut verschmutzte Nitril-Handschuhe wurden in Lagerhäusern in Thailand neu gefärbt und anschließend in die USA und weitere Länder exportiert, enthüllte eine monatelange Investigation des US-Mediums CNN. Demnach sollen heute immer noch mehrere solcher Lagerhäuser in Betrieb sein.
Im Dezember des letzten Jahres überfielen thailändische Sicherheitskräfte ein Lagerhaus am Stadtrand von Bangkok, so die CNN. Dort wurden sie mit schockierenden Bildern konfrontiert: Plastikkörbe voll mit blauen gebrauchten Nitril-Handschuhen, die meisten offensichtlich verschmutzt und manche sogar mit Blut befleckt. Laut der CNN sollen die Arbeitskräfte im Lagerhaus die Handschuhe einem Prozess unterzogen haben, der sie wie neu aussehen lassen sollte. Anschließend wurden diese verpackt und in die USA exportiert, berichtete die Agentur unter Berufung auf Importregister. Die zig Millionen Handschuhe die von den USA – und weiteren Ländern – importiert wurden seien nur die „Spitze des Eisbergs“, so die CNN: „Die Untersuchungen der Behörden in den USA und Thailand dauern an.“
„Nitril-Handschuhe sind aktuell die gefährlichste Ware der Welt“, betonte der Experte Douglas Stein gegenüber der CNN. Das Ausmaß an schlechten Produkten sei „enorm“: „Ein endloser Strom an schmutzigen, gebrauchten und unter dem Standard liegende Handschuhe kommen in den USA an.“
Verantwortlich für den einfachen Eingang der gefälschten und gebrauchten Ware sei unter anderem die Lockerung der Importregulationen aufgrund hoher Nachfragte, führte die CNN an. Die im Höhepunkt der Pandemie gelockerten Kriterien seien bis heute immer noch gelockert. Die Folge: ein ungestörter Eingang der schlechten Ware, die sowohl medizinisches Personal als auch Patienten gefährdet.
Die erste Warnung ging schon im Februar und im März bei der US-Zollbehörde und bei der Food and Drug Administration (FDA) ein. Ein amerikanischer Konzern gab an, Waren mit sichtbarer Verschmutzung erhalten zu haben. Die Lieferung kam aus Thailand. Die thailändische Firma – Paddy The Room – schaffte es dennoch Millionen Handschuhe in die USA zu exportieren.
Bei der Person, die die Warnung erlassen hat, handelte es sich um Tarek Kirschen. Der Geschäftsmann aus Miami bestellte Handschuhe im Wert von zwei Millionen Dollar. Nach schweren Beschwerden von Kunden habe er die Container selber inspiziert, berichtete die CNN. „Es waren gebrauchte, gewaschene, recycelte Handschuhe. Manche waren schmutzig, manche hatten Bluttropfen. Ich konnte meinen Augen nicht trauen“, sagte der Geschäftsmann gegenüber der CNN. Anschließend habe er die FDA alarmiert.
Eine weitere Person, die die US-Behörden gewarnt hat, war Geschäftsmann Louis Ziskin. Seine Firma bestellte Handschuhe im Wert von 2,7 Millionen Dollar. Eine von der CNN verifizierte Inspektion habe jedoch festgestellt, dass es sich bei den Produkten nicht um Nitril-Handschuhe, sondern schlechtes Latex gehandelt hat, so die Agentur. Diese Produkte mit einem reinen Gewissen weiterzuverkaufen sei für ihn nicht möglich gewesen, betonte Ziskin. Trotz der schriftlichen Warnung and die FDA und die US-Zollbehörde wurden jedoch weitere 80 Millionen Handschuhe der thailändischen Firma importiert.
Als die thailändischen Behörden im Dezember des letzten Jahres das Lagerhaus von Paddy The Room in Bangkok überfielen sei festgestellt worden, dass die gebrauchten Handschuhe aus China oder Indonesien gesammelt, bearbeitet und anschließend exportiert wurden. Mit dem Überfall endete der gefährliche Betrug von Paddy The Room jedoch offenbar nicht. Nur Monate später soll ein ähnliches Lagerhaus aufgedeckt worden sein. „Sie haben sich einfach an einen anderen Standort versetzt, denn die Nachfrage für Handschuhe ist immer noch hoch, immer noch gibt es Kunden“, unterstrich Supattra Boonserm, Chefin des thailändischen FDA, gegenüber der CNN.
US-Importeure sollen im Laufe der Pandemie mehr als 200 Millionen Nitril-Handschuhe von Paddy The Room gekauft haben, behauptete die CNN. Was aber mit diesen Handschuhen letztendlich passiert ist, sei unklar.