Mit einer zweitägigen Reise nimmt die abgehende Bundeskanzlerin Angela Merkel Abschied von Israel. In ihrem Treffen mit Premierminister Bennett und dem Kabinett betonte sie, die Sicherheit Israels werde ein zentrales Thema jeder deutschen Regierung bleiben.
Im Rahmen ihrer zweitägigen Reise nach Israel traf sich Bundeskanzlerin Angela Merkel mit dem israelischen Premierminister Naftali Bennett und anschließend dem israelischen Kabinett. Merkel signalisierte, dass die deutsche Verpflichtung gegenüber der Sicherheit Israels andauern wird, während Bennett die Bundeskanzlerin als den „moralischen Kompass“ des europäischen Kontinents bezeichnete.
„Willkommen in Israel, lieber Freund von Israel“. Laut dem israelischen Transkript empfing Premierminister Bennett die Bundeskanzlerin mit diesen Einstiegsworten im King-David Hotel in Jerusalem für ein privates Treffen. Israel sei dankbar für die Freundschaft und Verpflichtung gegenüber dem israelischen Volk, betonte Bennett und fügte hinzu, in der Amtszeit von Angela Merkel habe sich die Beziehung zwischen den zwei Ländern in eine „echte Freundschaft“ entwickelt. „Wir freuen uns auf die weitere Stärkung der Beziehungen in Wirtschaft, Wissenschaft, Bildung, Gesundheit und natürlich auch Sicherheit“, führte der israelische Premierminister an.
Wie schon einige Male zuvor nutzte Bennett die Gelegenheit auch um die „Diversität“ in der eigenen Regierung zu loben. „Es ist die diverseste Regierung in der Geschichte Israels – wir haben Links und Rechts, Juden und Muslime“, sagte Bennett. Zudem hob er die Rolle von Frauen mit acht Ministerien hervor – nach Bennett ein Erfolgsfaktor der neuen Regierung. Diese Regierung mit einer „neuen Seele“ werde nun die Beziehungen mit Deutschland vorantreiben, so der Premierminister.
Bundeskanzlerin Merkel bedankte sich für den „warmen Empfang“. Es sei eine „große Freude und Ehre“, Israel vor dem Ende ihrer Amtszeit noch einmal besuchen zu können. „Während meiner Amtszeit habe ich zusammen mit allen Mitgliedern meiner Regierung hart dafür gearbeitet, die Beziehung zwischen unseren Ländern und Völkern noch stärker und breiter zu gestalten“, sagte Merkel laut dem israelischen Transkript.
Die Worte der Kanzlerin zur deutschen Verpflichtung gegenüber der Sicherheit Israels stellten eine Schlüsselaussage des Treffens dar. Demnach werde dies die Priorität jeder deutschen Regierung bleiben. „Ich möchte diese Gelegenheit nutzen, um hervorzuheben, dass das Thema der Sicherheit Israels immer eine zentrale Bedeutung haben wird und ein zentrales Thema jeder deutschen Regierung sein wird“, führte Kanzlerin Merkel an.
Im Anschluss erfolgte ein Treffen mit dem israelischen Kabinett. Während seiner Ansprache hier lobte der israelische Premierminister die Haltung der Bundeskanzlerin. Sie sei der „moralische Kompass“ von Europa gewesen: „Diejenigen, die im Konflikt zwischen Israel und Staaten wie dem Iran oder Gruppen wie Hamas und Hisbollah neutral agieren, haben ihren moralischen Kompass verloren. Und Sie, Bundeskanzlerin, haben jahrelang als den moralischen Kompass des gesamten europäischen Kontinents zur Förderung eines kompromisslosen Weges der Unterstützung Israels gedient“.
In Bezug auf Neutralität zeigte sich Bundeskanzlerin Merkel einig mit ihrem israelischen Amtskollegen. Es gehe nicht darum, neutral zu sein, „sondern eine klare Position zugunsten der Sicherheit Israels einzunehmen, egal wie schwer die Situation ist“, äußerte sich Merkel. Doch die Bundeskanzlerin sprach auch Meinungsverschiedenheiten mit Israel an. Eine zentrale Meinungsverschiedenheit ist dabei der Konflikt mit Palästinensern. Hier unterstützt Deutschland so wie ein Großteil der internationalen Gemeinschaft die Zwei-Staaten-Lösung. Nichtsdestotrotz sei man sich aber über die langfristige und dauerhafte Vision eines „demokratisch jüdischen Staat Israels“ einig. Wie man dies am besten erreichen kann, darüber werde man weiterhin im Austausch bleiben, so die Kanzlerin.
In der anschließenden gemeinsamen Pressekonferenz handelte es sich bei einem Großteil der Rede des israelischen Premierministers um den Iran. „Falls die freie Welt akzeptiert, dass der Iran eine nukleare Schwelle erreicht, wird dies ein moralischer Fleck und eine große Bedrohung des Weltfriedens sein“, warnte Bennett. Es ergebe keinen Sinn, den Iran als friedlich darzustellen, denn der Iran spiele mit der internationalen Gemeinschaft rum und sei eine „Herausforderung für regionale Stabilität“, so Bennett. In Bezug auf den Iran bezeichnete er die Position Deutschlands als „zentral“.
Auch hier bekräftigte die Bundeskanzlerin erneut die deutsche Position in der Neutralitätsfrage: „Deutschland ist nicht neutral, wenn es um die Fragen der Sicherheit Israels geht“. Die Sicherheit Israels sei demnach Teil der Staatsräson von Deutschland und in dieser Linie müsse man auch handeln. Die Idee einer Zwei-Staaten-Lösung solle aber „nicht zu Grabe getragen werden“. „Man sollte auch immer im Blick haben, wie können die Palästinenser sicher und in einem Staat leben“, sagte Merkel zum Thema.
Merkel betonte mehrmals den demokratischen Charakter Israels – eine Eigenschaft, die laut der Kanzlerin um Israel herum in den meisten Fällen nicht gegeben ist. So müsse man die Bedrohung, die vom iranischen Atomprogramm ausgeht, ernst nehmen. „Deutschland ist wie Israel der Meinung, dass alles getan werden muss, damit eine nukleare Bewaffnung des Iran verhindert wird“, äußerte sich Merkel.
Wenn es um das iranische Atomprogramm geht, ist eine Erwähnung des JCPOA, besser bekannt als das iranische Nuklearabkommen, unumgänglich. Das zur Amtszeit des ehemaligen US-Präsidenten Barack Obama in 2015 eingeweihte Abkommen zielt darauf ab, die Bestrebungen des Iran zur Herstellung von Nuklearwaffen zu unterbinden. Für einige war das JCPOA jedoch kein perfekter, sondern eher mangelhafter Deal. Obamas Nachfolger Trump trat 2018 schließlich aus dem Nuklearabkommen aus.
Die Meinung, dass das JCPOA mangelhaft ist, wird von Bundeskanzlerin Merkel geteilt, wie sie auf der Pressekonferenz mit Bennett bekanntgab. „Ich habe das JCPOA niemals für ideal gehalten“, kündigte die Kanzlerin an. Für sie sei es aber immer besser gewesen als keine Abmachung zu haben. Nun sei man in einer „sehr schwierigen Situation“, da die iranische Seite trotz der Bereitschaft der US-Regierung von Joe Biden keine Anzeichen zum Wiederbeginn der Verhandlungen zeigt.
Laut Merkel tragen an dieser Stelle auch Russland und China eine Verantwortung: „Ich sehe auch hier Russland und China in der Verantwortung, denn wenn das JCPOA nicht mehr das ist was es bezwecken sollte, dann ist das natürlich schwierig – deshalb stehen uns jetzt sehr sehr entscheidende Wochen in dieser Frage bevor.“
Nach ihrem Treffen mit Bennett kam Bundeskanzlerin Merkel auch mit dem israelischen Präsidenten Isaac Herzog zusammen. Er habe sich für Merkels „lange Freundschaft“ mit Israel, ihrer persönlichen Verpflichtung gegenüber der Sicherheit Israels und das Gedenken an den Holocaust bedankt, so Herzog.
„Sie wird in Israel immer willkommen sein“, schrieb der israelische Präsident in einer Nachricht auf Twitter.