Im Rahmen des informellen Treffens der 27 EU-Mitgliedstaaten in Slowenien haben Spanien, Griechenland, Rumänien, Tschechien und Frankreich eine gemeinsame Erklärung zur aktuellen Gaskrise in Europa veröffentlicht. Die Erklärung fordert unter anderem eine gemeinsame europäische Herangehensweise an die Problematik und eine Untersuchung des europäischen Gasmarktes.
Der Winter rückt näher und Europa steckt in einer Gaskrise. Im kleinen slowenischen Ort Brdo Pri Kranju versammelten sich nun Staats-und Regierungschefs der EU-Mitgliedstaaten auf Einladung des EU-Ratspräsidenten Charles Michel zu einem informellen Abendessen und tauschten sich über Themen wie mehr Unabhängigkeit von den USA und den Afghanistan-Rückzug aus. Daneben stand aber auch die Gaskrise als ein wesentlicher Bestandteil auf der Tagesordnung – ein immer dringender werdendes Problem.
Im Rahmen des Treffens veröffentlichten die fünf EU-Mitgliedstaaten Spanien, Griechenland, Rumänien, Tschechien und Frankreich eine gemeinsame Erklärung zur Krise. Die Erklärung beinhaltet fünf Vorschläge als erste Lösungsansätze und weist zunächst auf die steigenden Gaspreise und die damit verbundenen hohen Strompreise hin. Dies sei „eine beträchtliche und steigende Last für Haushälter und Firmen“, bemerkt die Erklärung.
An erster Stelle wird eine gemeinsame Herangehensweise auf europäischer Ebene vorgeschlagen. Man benötige einen „europäischen Werkzeugkasten“, um nationale Strategien zu koordinieren und hiermit schnell auf dramatisch steigende Preise zu reagieren, so die Erklärung.
Ferner schlägt die gemeinsame Erklärung eine Untersuchung der Funktionsweise des europäischen Gasmarktes vor, „um zu verstehen, weshalb aktuelle Gasabkommen unzureichend waren“. Auch solle man gemeinsame Richtlinien zur Lagerung von Gas erstellen, um den steigenden Preisen entgegenzuwirken. Eine bessere Koordination von Gaseinkäufen zur Erhöhung der Verhandlungsmacht gehört auch zu den Vorschlägen der Erklärung.
„Wir müssen den Großhandelmarkt für Strom reformieren“, heißt es weiter in der Erklärung. Trotz vieler Vorteile wie Sicherung von Energievorräten für europäische Länder müsse der Strommarkt aber verbessert werden, um so eine bessere Verbindung zwischen dem von den Kunden gezahlten Preis und den durchschnittlichen Produktionskosten für Strom zu erreichen.
Außerdem solle man sich auf mehr Energieunabhängigkeit fokussieren, in dem man Energievorräte diversifiziert und in Verbindung damit die Abhängigkeit von Gas exportierenden Ländern so schnell wie möglich herabsetzt. Insbesondere im Hinblick auf die Abhängigkeit von Russland als Gaszulieferer scheint dies eine dringende Priorität zu sein. Zur Diversifizierung von Energiequellen werden dabei laut der Erklärung kohlenstoffarme Energien wie Biomasse oder Wind-und Solarenergie eine „Schlüsselrolle“ spielen.
Der letzte Vorschlag der Erklärung bezieht sich auf ETS, den EU-Emissionshandel. Das EU Emissions Trading System setzt es sich zum Ziel, die Treibhausgasemissionen auf eine möglichst kosteneffektive Art und Weise zu senken. Um öffentlichen und privaten Akteuren die Möglichkeit zur Vorausplanung und Verschiebung ihrer Investitionen auf kohlenstoffarme Aktivitäten zu geben, müsse man „einen vorhersehbareren Kohlenstoffpreis sichern und exzessive Volatilität verhindern“, betont die Erklärung.
Für die steigenden Gaspreise weltweit machen Experten neben dem Rückgang von Gaslieferungen aus Russland auch Dürren in China und Brasilien verantwortlich. Aufgrund von Dürren konnten in diesen Ländern weniger Energie durch Wasserkraftwerke erzeugt werden, weshalb Erdgas als Alternative einspringen musste. Der Löwenanteil ging dabei an China – ganze 80 Prozent des 2021 produzierten Erdgas wurden von China aufgekauft, zeigt eine Studie des Institute for Strategic & International Studies.
Im Fall der Gaskrise in Europa hat jedoch der Rückgang von Gaslieferungen aus Russland einen erheblichen Anteil. Laut Informationen der BILD hat der staatliche russische Gaskonzern Gazprom seit September Gas-Lieferungen nach Europa erneut um 24 Prozent gekürzt. Durch diese Kürzungen wolle Russland politischen Druck auf die EU ausüben, um eine Inbetriebnahme der umstrittenen Pipeline Nord-Stream-2 zu erzwingen, so die Experten gegenüber der BILD.
Kanzlerin Angela Merkel bestreitete diese Behauptungen jedoch. Derzeit sehe sie keine Anzeichen für eine gezielte Verknappung von Gaslieferungen nach Europa mit dem Zweck, eine Inbetriebnahme der Pipeline herbeizuführen. Im Anschluss des Gipfels in Slowenien betonte sie, nach ihren Informationen gebe es keine Bestellungen, „bei denen Russland gesagt hat, das liefern wir euch nicht“.
Aufgrund dessen sei die eigentliche Frage ob genug bestellt wird, oder ob der momentan hohe Preis ein Grund ist, Bestellungen zu begrenzen, so die Kanzlerin. Man habe vereinbart, die Entwicklung der Energiemärkte im Blick zu behalten und das Thema bei einem weiteren Gipfel in zwei Wochen erneut zu behandeln. Über das Problem habe sie auch schon mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin gesprochen, sagte Merkel.
Inmitten der Diskussionen zu den Gaspreisen meldete sich nun auch er zu Wort. Putin warf Europa „Fehler“ vor. „Es war nicht nötig zu kurzzeitigen Verträgen zu wechseln“, äußerte sich Putin und fügte hinzu, Gazprom habe sich nie geweigert, Gaslieferungen im Falle von zusätzlichen Bestellungen zu erhöhen. Laut Putin ist es für Russland nicht vorteilhaft, Gaslieferungen über die Ukraine durchzuführen. Zudem gebe es „kostengünstigere und umweltfreundlichere“ Routen zur Lieferung von Gas.
Russland bezeichnete er als einen „zuverlässigen Lieferanten“.