Die Bedrohung aus China werde immer größer, unterstrich die taiwanische Präsidentin Tsai Ing-Wen in einem Interview und bestätigte erstmals die Präsenz von amerikanischen Soldaten im Inselstaat. Zudem zeigte sie sich trotz der angespannten Lage offen für Dialog mit Peking.

Tsai Ing-wen: Taiwans Präsidentin bietet China die Stirn

Taiwan wolle mit China „friedlich koexistieren“, doch die Bedrohung aus China werde immer größer, sagte die taiwanische Präsidentin Tsai Ing-Wen in einem Interview mit dem amerikanischen Sender CNN. Zudem bestätigte sie auch die Präsenz von US-Truppen in Taiwan, wobei die Zahl der Soldaten nicht so hoch wie gedacht sei.

Zu Beginn der Aufnahmen zum Interview zeigt die CNN zunächst wie beliebt Tsai Ing-Wen unter ihrem Volk ist. In einem Tempel in der Hauptstadt Taipeh wird sie mit viel Liebe empfangen – mit Begeisterung winken ihr alle zu. „Man muss den Menschen das Gefühl geben, dass jemand hier ist um sich um sie zu kümmern“, meint die Präsidentin. Hinter dieser großen Zuneigung – und an ihrem großen Wahlerfolg – würde das Versprechen zum Schutz von Taiwan gegen China liegen, so die CNN.

„Die Bedrohung aus China wird jeden Tag größer“, betonte Tsai Ing-Wen. Tatsächlich hat Peking den Druck auf Taipeh erheblich erhöht. Kriegsdrohungen, Übergriffe gegen die Luftverteidigungszone und Manöver der chinesischen Streitkräfte – die militärische Bedrohung gegen Taiwan ist real. Dennoch ließ die Präsidentin des selbst-regierten demokratischen Inselstaates eine offene Tür für Diplomatie und Dialog. „Mehr Kommunikation wäre hilfreich, um Missverständnisse zu verhindern“, äußerte sich Tsai Ing-Wen. Hinsichtlich der Unterschiede ihrer politischen Systeme könne man sich „zusammensetzen und reden“.

Ihr Land bezeichnete die Präsidentin als ein „Leuchtfeuer der Demokratie“. Dieses Leuchtfeuer müsse verteidigt werden, um den Glauben in demokratische Werte aufrechtzuhalten: „Wenn wir erfolglos sind, dann werden Menschen, die an diese Werte glauben, daran zweifeln, ob dies die Werte sind zu denen sie stehen sollten.“

Der größte Unterstützer von Taiwan ist dabei die USA. US-Präsident Joe Biden kündigte zuletzt an, Taiwan im Falle einer chinesischen Aggression verteidigen zu wollen, wobei die taiwanische Armee in den letzten Jahren stark aufgerüstet wird. Das Interview der CNN mit Präsidentin Tsai Ing-Wen enthüllte nun: die Unterstützung aus den USA beschränkt sich nicht nur auf Lieferung von militärischer Ausrüstung. US-Soldaten befinden sich auf taiwanischen Boden, um die Truppen des Inselstaates auszubilden, bestätigte Tsai-Ing Wen: „Ja, wir haben eine breitgefächerte Kooperation mit den USA, um unsere Fähigkeiten zur Verteidigung auszuweiten.“ Die Zahl der US-Truppen auf der Insel sei jedoch nicht so hoch wie gedacht, sagte die Präsidentin gegenüber der CNN. In Taiwan seien stand 2021 genau 32 US-Soldaten stationiert, berichtete die CNN unter Berufung auf Daten des Pentagon. 2018 soll diese Zahl nur 10 gewesen sein.

Peking nimmt die US-Präsenz in Taiwan als Bedrohung und als „Einmischung in innere Angelegenheiten“ wahr. Zudem stellen militärische und politische Kreise aber die amerikanische Entschlossenheit zur Verteidigung von Taiwan in Frage. Die Präsidentin des Inselstaates erhob jedoch keine Zweifel daran, dass die USA im Fall der Fälle zur Stelle sein wird. „Ich vertraue darauf“, antwortete Tsai Ing-Wen auf eine Frage der CNN, ob sie im Hinblick der Versprechen aus Washington zuversichtlich ist. „Taiwan ist nicht allein, da wir eine Demokratie sind, Freiheit respektieren und Frieden lieben“, fügte sie hinzu. Auch ohne Unterstützung werde sich Taiwan verteidigen „so lange es geht“, betonte die Präsidentin, doch die Hilfe von „Freunden und gleich gesinnten Ländern“ sei willkommen.

Auf die Frage warum China im Vergleich zu den letzten Jahren nun stärker gegen Taiwan reagiert und zunehmend aggressiver handelt, antwortete Tsai Ing-Wen, Peking sei „ambitionierter und expansionistischer“ geworden. „Deshalb sind Dinge, die zuvor akzeptabel waren nun womöglich nicht mehr akzeptabel“, führte sie an.

Doch trotz dem autoritären Regime in Peking und den jüngsten Ereignissen möchte die taiwanische Präsidentin ihre Hoffnung auf ein China, welches eines Tages demokratisch regiert wird, nicht aufgeben: „Demokratie ist manchmal chaotisch. Es ist unordentlich und konfrontativ, aber am Ende findet man den besten Weg um zu regieren, um eine soziale Ordnung zu schaffen, damit Menschen friedlich miteinander Leben können.“