Der afghanische Arm der IS-Terrororganisation könne schon nächstes Jahr die USA angreifen, warnte ein hochrangiger Pentagon-Beamter. Auch die Al-Kaida sei in diesem Zusammenhang eine Gefahr.
Innerhalb den nächsten sechs bis 12 Monaten könnte die USA das Ziel eines Angriffs der IS-Terrororganisation aus Afghanistan werden. Dies verkündete der amerikanische Untersekretär für Verteidigungspolitik Colin Kahl im US-Kongress. Nicht nur vom IS, sondern auch von der Al-Kaida gehe dabei eine Bedrohung aus.
„Sowohl ISIS-K (afghanischer Arm des IS) als auch die Al-Kaida haben die Absicht, externe Operationen durchzuführen, darunter auch in den Vereinigten Staaten“, betonte Untersekretär Kahl in einer Sitzung des Kongress. Bislang habe jedoch keines der beiden Terrororganisationen die Mittel für solch einen Anschlag außerhalb ihrer Einflussgebiete. Allerdings könne der IS diese Fähigkeit zwischen nur sechs und 12 Monaten erlangen, so Kahl. Für die Al-Kaida würde es länger dauern – zwischen einem und zwei Jahren. Die Aussagen von Untersekretär Kahl legen nahe, dass die USA trotz des Rückzugs immer noch die Auswirkungen der Situation in Afghanistan zu spüren bekommen könnte – diesmal aber nicht vor Ort, sondern zu Hause.
Ob die USA tatsächlich von Anschlägen getroffen wird, hängt dabei auch von dem Kampf zwischen dem IS und der Taliban ab – zwei „Todfeinde“, wie sie Kahl bezeichnete. Nach dem Rückzug aller westlichen Truppen aus Afghanistan übernahmen die Taliban als „Siegermacht“ die Kontrolle. Diese Kontrolle und Bestrebungen des Wiederaufbaus werden zunehmend von Terroranschlägen durch den IS herausgefordert. Mehrere Anschläge in verschiedenen Städten gegen schiitische Moscheen und Taliban-Mitglieder zeichneten ein besorgniserregendes Bild über die Zukunft Afghanistans.
Ob und in welchem Ausmaß die Taliban die Fähigkeit zur Bekämpfung des IS haben sei unklar, sagte Untersekretär Kahl. „Nach unserer Einschätzung sind der IS und die Taliban zwei Todfeinde, weshalb die Taliban hochmotiviert für den Kampf gegen den IS ist. Inwiefern sie diese Fähigkeit haben muss jedoch noch ausgemacht werden“, unterstrich Kahl. Zuvor beteuerte die Taliban, Afghanistan werde keine Basis für Angriffe auf andere Länder sein.
Um Anschläge zu verhindern müsse man die Fähigkeiten des IS und der Al-Kaida stören, hob Kahl hervor: „Im Hinblick auf die Störung dieser Fähigkeiten müssen wir wachsam sein.“ Nach dem Rückzug versicherte auch der unter Druck geratene US-Präsident Joe Biden mehrmals, die USA werde trotz des Rückzugs die Terrororganisationen in der Region bekämpfen. US-Beamte warnten jedoch, eine Bekämpfung des Terrors „ohne Stiefel auf dem Boden“ sei nur sehr schwer realisierbar.