Russland sei eine „große Herausforderung“ geworden, betonte Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer im Vorfeld des Treffens der NATO-Verteidigungsminister. Man müsse Lufträume stärker schützen und Moskau abschrecken.

Annegret Kramp-Karrenbauer

Heute und morgen (21. und 22. Oktober) versammeln sich Verteidigungsminister der NATO-Mitgliedsstaaten in der belgischen Hauptstadt Brüssel. Auf dem Programm stehen unter anderem die Vorbereitung zum NATO-Gipfel im Juni des nächsten Jahres in Madrid, der technologische Fortschritt der NATO, nukleare Abschreckung und Afghanistan.

Im Lichte aktueller Entwicklungen wird auch Russland ein wichtiger Bestandteil des Ministertreffens sein. Anfang Oktober zog die NATO die Akkreditierung von acht Mitarbeitern der russischen Botschaft zur NATO zurück, mit der Begründung sie seien „nicht deklarierte russische Spione“. Russland reagierte scharf und schnell formte sich eine neue Eskalation. Die Aktivitäten der NATO-Botschaft in Moskau wurden suspendiert und die Akkreditierung aller Mitarbeiter zurückgezogen. „Unsere Beziehungen mit Russland befinden sich auf ihrem niedrigsten Punkt seit dem Kalten Krieg“, äußerte sich NATO-Generalsekretär Stoltenberg zur Lage.

Auch Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer befindet sich in Brüssel für das Treffen. „Russland ist für uns eine wirklich große Herausforderung geworden“, bemerkte sie im Interview mit Deutschlandfunk (DlF). Aus diesem Grund habe man sich getroffen, „um die Defence-Planungen weiter voranzutreiben“, denn Russland probiere Grenzen und versuche ausfindig zu machen, wo es Widerstand von Seiten der NATO gibt.

Die russische Entscheidung, Aktivitäten der NATO-Mission in Moskau zu suspendieren sei aber keine Überraschung: „Zuerst muss man sagen, dass die Entscheidung Russlands nicht wirklich überraschend kommt. Sie ist die Reaktion darauf, dass die NATO ja acht russische Diplomaten, von denen ja festgestellt worden ist, dass sie geheimdienstlich tätig waren, ausgewiesen hat. Das ist eine übliche Reaktion, dass das Verhalten Russlands uns vor zunehmende Herausforderungen und Probleme stellt.“

Hinsichtlich der ständigen Luftraumverletzungen durch russische Flieger müsse man besonders bei den baltischen Staaten mehr in Luftraumschutz investieren. An dieser Stelle sei „Air-Policing“ im Baltikum und die NATO-Präsenz in Litauen wichtig, hob Kramp-Karrenbauer gegenüber der DlF hervor. Zudem würden auch Cyber-Bedrohungen und Cyber-Angriffe von Moskau ausgehen.

Um Luftraumverstöße sowohl im Baltikum als auch im Schwarzen Meer zu verhindern, sollte man auf Abschreckung setzen, führte die Bundesverteidigungsministerin an: „Wir müssen Russland gegenüber sehr deutlich machen, dass wir am Ende – und das ist ja auch die Abschreckungsdoktrin – bereit sind, auch solche Mittel einzusetzen, damit es vorher abschreckend wirkt und niemand auf die Idee kommt, etwa die Räume über dem Baltikum oder im Schwarzmeer NATO-Partner anzugreifen. Das ist der Kerngedanke der NATO, dieses Bündnisses, und das wird angepasst auf das aktuelle Verhalten Russlands. Wir sehen insbesondere Verletzungen des Luftraums über den baltischen Staaten, aber auch zunehmende Übergriffigkeiten rund um das Schwarze Meer.“

Dem Dialog mit Moskau versperrte Kramp-Karrenbauer aber nicht den Weg. Immer wieder lade man Russland zum Dialog ein. Dies sei die „zweite Medaille“ der NATO-Politik. „Es gibt dazu Foren, die aus meiner Sicht auch wiederbelebt werden könnten. Auch da steht die Einladung an Russland. Es laufen die Rüstungskontrollgespräche weiter. Auch da ist Russland eingeladen“, erklärte sie.

Man habe genügend Möglichkeiten und Plattformen zur Wiederaufnahme des Dialogs, „wenn man es ernsthaft will“, so die Bundesverteidigungsministerin gegenüber der DlF.