In einer gemeinsamen Pressekonferenz in Rom haben US-Präsident Biden und EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen eine neu vereinbarte Lockerung der Regelung zu Zöllen auf Stahl- und Aluminiumprodukte aus Europa verkündet. Biden sprach von einer „neuen Ära der transatlantischen Kooperation“.

Im Rahmen des G20-Gipfels traten US-Präsident Joe Biden und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen für eine gemeinsame Pressekonferenz vor die Kameras und verkündeten offiziell das neu ausgehandelte Abkommen zur Lockerung der Sonderzölle auf EU-Stahl und Aluminium bei der Einfuhr in die USA.

Die Vereinbarung soll CO2-Ausstoß in der Stahlindustrie reduzieren und stellt einen Schritt zur Bekämpfung des Klimawandel dar. Gleichzeitig signalisiert das Abkommen aber auch eine weitere Annäherung zwischen der EU und den USA unter Präsident Joe Biden. In Linie mit seiner Haltung, diplomatisches Engagement der Vereinigten Staaten und die Beziehungen zu Europa erneut zu stärken, entschärfte Biden seit seiner Amtseinführung mehrere Streitthemen mit Europa. Einige kontroverse Schritte von Bidens Vorgänger Donald Trump belasteten die transatlantischen Beziehungen stark. Ein ganz signifikantes Beispiel: Sonderzölle auf EU-Produkte.

Eine 2018 von der Administration des ehemaligen amerikanischen Präsidenten Donald Trump eingeführte Vorschrift sah Sonderzölle von 25% auf Stahl und 10% auf Aluminium aus EU-Staaten vor. Von US-Verbündeten produzierte ausländische Produkte seien „eine Bedrohung für die nationale Sicherheit der USA“, wurde der Schritt damals begründet. Nach dem Wahlsieg von Joe Biden beschleunigten sich die Verhandlungen zum hitzigen Streit.

Schließlich wurde gestern (30. Oktober) am Rande des G-20 Gipfels ein neuer Deal ausgehandelt, wonach die „Section 232“ Zölle aus der Trump-Zeit bestehen bleiben, jedoch nur ab einer bestimmten Grenze gelten. Welche Grenze vereinbart wurde, spezifizierten an den Verhandlungen beteiligte Beamten nicht, doch verlässliche Quellen bestätigten gegenüber Reuters und Bloomberg, die Grenze sei bei 3,3 Millionen Tonnen jährlich angesetzt worden. Stahl- und Aluminiumexporte unterhalb dieser Grenze können ohne Sonderzölle in die USA einfahren.

Zusammen mit der EU habe man einen „großen Durchbruch“ erreicht, „der die existenzielle Bedrohung des Klimawandels ansprechen wird und gleichzeitig amerikanische Jobs und die amerikanische Industrie beschützen wird“, sagte Biden in Rom. Die „neue Ära in der transatlantischen Kooperation“ werde sowohl jetzt als auch in Zukunft zum Vorteil beider Völker sein, betonte der amerikanische Präsident. Biden führte auch an, man könne die amerikanische Wirtschaft stärken und amerikanische Arbeiter unterstützen während man gleichzeitig gegen den Klimawandel vorgeht. Das Abkommen sei demnach eine Demonstration hiervon.

Außerdem habe man sich im Abkommen auch dazu verpflichtet, Vereinbarungen zum Handel mit Stahl und Aluminium zu treffen. Diese Vereinbarungen würden die Einfuhr von „schmutzigem Stahl“ aus Ländern wie China verhindern und US-Stahl und Aluminium – laut Biden eines der besten Sorten der Welt – hervorstechen lassen. Das Ziel sei es, Anreize für die Reduzierung von CO2 „in einem der CO2-intensivsten Sektoren der Weltwirtschaft“ zu setzen, erklärte Biden.

In seiner Rede hob Biden die Beziehungen mit der Europäischen Union hervor. „In den letzten neun Monaten sind die Vereinigten Staaten und die Europäische Union zusammengekommen, um sich großen globalen Herausforderungen zu stellen“, sagte Biden und unterstrich gemeinsame Interessen. „Die Europäische Union und die Vereinigten Staaten werden weiterhin die engsten Partner und Freunde sein, während wir dafür arbeiten, die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts zu lösen“, hieß es weiter. Bei der EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen bedankte sich Biden für ihre Partnerschaft.

Ursula von der Leyen, die ihre Worte mit „Lieber Präsident, lieber Joe“ einleitete, charakterisierte das ausgehandelte Abkommen als „ein Meilenstein“ in den Beziehungen zwischen der EU und den USA. „Es ist ein globaler Anfang in unseren Bestrebungen, die globale Stahlproduktion und den Handel zu dekarbonisieren“, erläuterte sie. Daneben sei der Deal auch ein „großer Schritt nach vorne“ im Kampf gegen den Klimawandel.

Kommissionspräsidentin von der Leyen lud weitere „gleichgesinnte“ Länder ein, sich dem Abkommen anzuschließen. Ähnlich wie Biden machte auch sie auf den hohen CO2-Ausstoß der Stahlindustrie aufmerksam: „Stahlproduktion ist weltweit eines der höchsten Quellen von CO2-Emission. Und damit Stahlkonsum und Handel nachhaltig sind, müssen wir uns mit der CO2-Intensität dieser Industrie befassen. Wir müssen auch das Problem der Überkapazitäten ansprechen.“ Hierfür werde man zusammen mit den USA zur Produktion und zum Handel mit kohlenstoffarmem Stahl anregen, kündigte von der Leyen an.

Über die Entscheidung Sonderzölle auf EU-Stahl und Aluminium bis zu einer bestimmten Grenze aufzuheben, zeigte sie sich zufrieden. Dies werde einen Großteil existierender Handelshindernisse lindern und den Stahl- und Aluminiumhandel vor der Einführung von Sonderzöllen wiederherstellen, führte die Kommissionspräsidentin an. Sie gab an, im Gegenzug werde die EU-Kommission Vergeltungszölle aufheben. Im Zuge der Verhandlungen wurde dies zuvor bereits von EU-Beamten verdeutlicht.

Jetzt da der Streit beigelegt wurde, werde man die Auseinandersetzung zu dieser Problematik in der Welthandelsorganisation auch aufheben, so von der Leyen.